24_07 Plädoyer für die Bücherei

EIN PLÄDOYER FÜR DIE BÜCHEREI

SAFER SPACES UND (M)EINE WELT VON MORGEN!

Rede von CLARISSA HAID zum Thema LESEN UND SCHREIBEN – gehalten am 11. Juni 2024 beim Schülerfest der MS Mieming zum 30-jährigen Jubiläum der Bücherei Mieming.

Mein Name ist Clarissa Haid, ich bin 14 Jahre alt und Schülerin der 4b Klasse der MS Mieming. Ja und ich habe heute die Ehre zu euch zu sprechen – mit einem Thema, das vielleicht schwierig klingt, aber in Wirklichkeit ganz einfach ist.

Es geht um SAFER SPACES – also wortwörtlich übersetzt: um sichere Bereiche!

Somit sind SAFER SPACES Rückzugsorte, auch Plätze, wo man zur Ruhe kommen kann. Wo man Kraft tanken kann, und neue Energie bekommt. Und vor allem aber sind SAFER SPACES Orte, wo man sein darf, wie man ist!

Und genau deshalb brauchen wir sie alle – die SAFER SPACES!

Und ganz gewiss ist ein Ort – nämlich die Bücherei – so ein SAFER SPACE! Eine sichere Insel! Für gar alle! Egal, wie alt man ist!

Trotz meiner Jugend mache ich mir nicht zum ersten Mal ernste Gedanken über unsere computergesteuerte Zukunft, wo Privacy zum Fremdwort wird, wo der Mensch gläsern für alle sichtbar zum Schauobjekt mutiert.

Einer Zukunft, die zurzeit für meine Generation generell schon nicht allzu rosig ausschaut und in der Umbruch auf Umbruch folgt.

Ob auf der globalen oder auf der ganz persönlichen Ebene. Die Vielfalt der Veränderungen ist für alle Generationen und alle Kulturen herausfordernd.

Dabei frage ich mich: Wo bleibt die Bildung? Wo bleiben das Lesen und das Schreiben?

Beides sind Grundfertigkeiten von Zivilisation und jeglicher Hochkultur, beides menschliche Errungenschaften. Beides sind Basis für jegliches Wissen dieser Welt. Beides, was den Menschen – den HOMO SAPIENS - ausmacht.

Ohne Schrift wäre die Menschheit in der Steinzeit steckengeblieben. Ohne Schrift wäre die heutige Welt undenkbar und nicht möglich.

Und mit der Schrift verbinden sich unweigerlich die Kompetenzen des Lesens und des Schreiben Könnens.

Man möchte meinen, dass mit der künstlichen Intelligenz und den digitalen Möglichkeiten, diese Grundkompetenzen immer besser werden, dass Analphabetismus bald der Vergangenheit angehören wird.

Doch passiert dies im Moment?

Nein, denn je mehr Digitalisierung, umso höher werden weltweit die Zahlen jener Menschen, die kaum noch Lesen und Schreiben können.

Es scheint gerade so, als würde die Digitalisierung die Grundfertigkeiten, um die einst so hart gekämpft wurde – eben das Lesen und Schreiben können - auffressen! Verschlingen! Ausradieren!

Betrachten wir Österreich:

In Österreich sind rund 1 Million Menschen lese- und schreibunkundig. Das heißt: jede oder jeder Neunte kann kaum Lesen und Schreiben. Und: Rund die Hälfte davon hat Deutsch als Erstsprache. Sie haben auch alle die Pflichtschule absolviert. Und trotzdem ist die Zahl derer, welche Lese- und Schreibdefizite haben, so hoch.

Beängstigend, oder?

Die Krux dabei ist, dass die neuen Kommunikationsmöglichkeiten diesen lese- und schreibgehandicapten Menschen sehr wohl helfen, den Alltag ohne Lesen- und Schreiben zu können, zu bewältigen.

Gleichzeitig jedoch wird die Kluft zwischen denen, die es beherrschen und den sogenannten „Analphabeten“ immer größer. Denn einem Raubtier ähnlich, „frisst“ die Digitalisierung diese Fähigkeiten auf.

Dieser, nach unten ziehenden Negativspirale, entgehe ich persönlich mit LESEN und SCHREIBEN UND MIT EINEM BESUCH IN DER BÜCHEREI.

LESEN UND SCHREIBEN – geht still und leise! Ist ganz einfach! Überall machbar! Jederzeit einsetzbar! Gratis noch dazu! Beide Grundfertigleiten weiterbildend und geistformend zugleich!

Für mich so wertvoll wie Gold. Mein ganz privater und individueller Schatz, eben mein SAFER SPACE!

EIN BESUCH IN DER BÜCHEREI – auch gratis, auch ganz einfach machbar, zu jeder Zeit! Mit Freunden oder allein – „ganz ehrlich“ - wobei man mit Büchern nie ganz allein ist, oder?! Und wie das LESEN und SCHREIBEN ist auch ein Besuch in einer Bücherei immer – immer - immer weiterbildend und geistformend. Oft auch ein Stimmungsaufheller! Und somit auch ein wertvoller Schatz – eben mein zweiter SAFER SPACE!

Interessant dazu:

Wissenschaftlich erwiesen ist, dass Lesen und Schreiben den Geist nachhaltig stärken.

Dass Lesen und Schreiben dabei helfen, innezuhalten, dass beides hilft, „groß“ zu werden.

Alles starke Argumente - wie ich finde – um dem Lesen und Schreiben jenen Platz einzuräumen, den diese wunderbaren Erfindungen verdienen.

Und bedenkt man, dass die Basis des digitalen Universums mitunter auch die SCHRIFT und in weiterer Folge das LESEN ist, dann kann sich auch jeder den immensen Wert dieser beiden Grundkompetenzen vorstellen.

An dieser Stelle wiederhole ich mich: Ja, wir befinden uns in einem Sog von verherrlichtem Optimismus. Davon auszubrechen ist mittlerweile fast unmöglichen geworden. Und:

Ein Zurück gibt es auch nicht mehr. Denn die uneingeschränkte Digitalisierung mit ihrer weltumschlingenden KI herrscht und beherrscht uns.

Die Erwartungen und Hoffnungen damit verbunden sind gigantisch groß. Leider auch die Befürchtungen und Ängste.

Darum ist jeglicher SAFER SPACE schützenswerter denn je. Und meine aus Buchstaben und Büchern geformte Rückzugsinsel, mein SAFER SPACE – das LESEN UND SCHREIBEN - ganz besonders!

Wie ich sie nenne? Meine Insel? Das ist jetzt wohl kein Geheimnis mehr!

Oder?!

JA! ES IST DIE BÜCHEREI!

(Text: Susanne Gantioler für und mit Clarissa Haid, Korrekturlesung: Monika Schmid)

 

ZUR PERSON CLARISSA HAID - Auszüge einer jungen Biografie:

Ein kleiner Rückblick: Clarissas Reise in die Welt der Bücher und Geschichten begann unerwartet. Zu Beginn der Volksschule mochte sie das Lesen und Schreiben nicht besonders, da sie damit Schwierigkeiten hatte. Doch alles änderte sich, als sie zum ersten Mal die Schulbücherei ihrer Volksschule in Barwies betrat. Beim ersten Besuch wählte sie den zweiten Band der Woodwalkers-Reihe – daran erinnert sie sich noch ganz genau - und entdeckte so ihre Leidenschaft fürs Lesen und Schreiben. Diese Leidenschaft begleitet sie bis heute und hilft ihr, ihre Träume und Ziele zu verfolgen.

Beginn der beruflichen Laufbahn: Im September wird Clarissa einen neuen, wichtigen Schritt in Richtung ihres Berufsziels machen: Sie beginnt ihre Ausbildung an der Schule für Pflege- und Sozialberufe in Zams. Sie ist entschlossen, ihr Ziel, Ärztin zu werden, mit Leidenschaft und Hingabe zu verfolgen. Mit der Unterstützung ihrer Familie und ihrer eigenen Entschlossenheit ist sie auf einem guten Weg, ihre Träume zu verwirklichen. (Text: Susanne Gantioler)